Ratgeber
Nicht nur in Privathaushalten, auch in der Industrie sind Schmelzsicherungen nach wie vor verbreitet. Sie finden sich in der Regel an oberster Stelle im Sicherungskasten, noch vor den Stromzählern. Während früher überwiegend Sicherungen nach dem D-System – sogenannte Diazed-Typen – verbaut wurden, hat sich in inzwischen das D0-System durchgesetzt. Diese mit Neozed bezeichneten Sicherungen sehen ähnlich aus, bestehen aus den gleichen Materialien und bieten dieselben Funktionen – sie sind aber deutlich kleiner. Erfahren Sie hier, wie Neozed-Sicherungen aufgebaut sind, wie sie funktionieren und worauf bei der Auswahl geachtet werden sollte.
Das bei Sicherungspatronen zu findende D-System existiert bereits seit mehr als 100 Jahren. Es wurde seinerzeit von den Siemens-Schuckertwerken entwickelt und unter dem Handelsnamen Diazed vermarktet. Der Bezeichnung liegen die Anfangsbuchstaben von diametrisch abgestufter zweiteiliger Edison-Schmelzstöpsel zugrunde. Das Neozed-System – das Neo steht für neuartig – kam 1967 auf den Markt. Auch hier handelt es sich um einen Handelsnamen, die Normbezeichnung lautet D0-System, gesprochen D Null.
Neozed-Sicherungen sind kompakter als Diazed-Sicherungen. Es gibt sie in drei Größen: D01 für Bemessungströme von 2, 4, 6, 10 oder 16 Ampere, D02 für 20, 25, 35, 50 oder 63 Ampere und D03 für 80 oder 100 Ampere. D01 besitzt einen Durchmesser von 11 Millimeter bei einer Länge von 36 Millimeter, das D02-Format ist gleich lang, der Durchmesser beträgt allerdings 15 Millimeter. D03-Sicherungspatronen mit metrischem Gewinde, 22 Millimeter Durchmesser und 43 Millimeter Länge sind inzwischen kaum noch anzutreffen: Sie haben sich im Vergleich mit NH-Sicherungen als weniger zuverlässig erwiesen und dürfen in Neuanlagen nicht mehr installiert werden.
Die Bemessungsspannungen sind bei allen D0-Varianten auf 250 bis 400 Volt Wechselstrom spezifiziert. Als technischer Maßstab gelten die internationale Norm IEC 60269 und die deutschen Normen VDE 0636 und VDE 0635.
Hinsichtlich ihres Aufbaus entspricht die Neozed-Sicherung dem Diazed-Typ, wobei die eigentliche Sicherungspatrone nur einen Teil von insgesamt fünf Teilen repräsentiert. Die Fassung der Sicherung besteht aus einem in der Schalttafel festinstallierten Sockel mit Schraubgewinde und der dazu passenden Schraubkappe. Die Kappe besitzt ein kleines Fenster, das die Sicht auf den hinteren Teil der Patrone ermöglicht. Der Berührungsschutz verhindert beim Sicherungswechsel einen Stromschlag, wenn die Haupt-Stromversorgung nicht abgeschaltet wurde.
Die Passhülse übernimmt im Aufbau der Fassung eine besonders wichtige Rolle: Jeder Schmelzeinsatz besitzt einen anderen Durchmesser, der nur in die entsprechende Schraubkappe und den Sicherungssockel passt. Auch die Sicherungsspitzen sind je nach Nennstromstärke unterschiedlich dimensioniert – und der Durchmesser der Spitze entspricht exakt dem Durchmesser des Lochs in der Passhülse. Das stellt sicher, dass keine Sicherung mit einem höheren Nennwert als für den Stromkreis vorgesehen installiert werden kann. Sicherungen und Passhülsen sind zudem farblich gekennzeichnet, um eine Fehlanpassung zu vermeiden.
Neozed-Sicherungsgehäuse sind mit einer oder mit drei Fassungen erhältlich. Sie lassen sich in die Schalttafel einbauen oder auf eine DIN-Schiene aufschnappen.
Wie jede Schmelzsicherung reagiert auch die Neozed-Sicherung auf Überströme, sie brennt dann buchstäblich durch. Im Gegensatz zu Feinsicherungen in Glaskolben lässt sich der Zustand des Schmelzdrahts in Porzellangehäusen optisch nicht überprüfen. Aus diesem Grund besitzen sowohl Diazed- als auch Neozed-Sicherungen einen sogenannten Pop-out-Indikator – einen winzigen Knopf, der federnd mit dem Schmelzdraht verbunden ist und bei dessen Zerstörung herausspringt. Über das Sichtfenster der Schraubkappe ist der Zustand des Indikators überprüfbar. Nur wenn er sich genau in der Mitte der Sicherung befindet, ist der Schmelzdraht unversehrt.
Zur leichteren Identifikation des Sicherungstyps sind Pop-out-Indikatoren farblich gekennzeichnet. Die Farbe entspricht dem Nennstrom der Sicherung. So besitzen beispielsweise 10-Ampere-Typen rote Indikatoren, die Sicherung passt daher nur in die rote 10-Ampere-Passhülse.
Neben den unterschiedlichen Nennströmen spielen auch die Betriebsklassen der Neozed-Sicherungseinsätze eine wichtige Rolle. Hier eine Übersicht über die gängigen Klassen:
gG | Der Standardtyp für allgemeine Anwendung, reagiert trägflink. Typische Einsatzbereiche sind Motorschutzschalter zum Beispiel für Elektrowerkzeuge, Relais und der generelle Überspannungsschutz. |
gR/gS | Superflink reagierende Typen für Halbleiterbauelemente. |
gF | Für Anwendungen in den oberen Bereich der Niederspannung, also etwa ab 690 Volt, die Reaktion ist flink. |
gPV | Eine relativ neue Superflink-Betriebsklasse speziell für den Gleichstrom in Photovoltaik-Anlagen. |
Wie bereits erwähnt, haben sich Neozed-Sicherungseinsätze des Typ D03 in der Elektroinstallation nicht immer als zuverlässig erwiesen. Das ist teilweise den hohen Strömen von 80 oder 100 Ampere geschuldet. Eine Alternative sind NH-Sicherungen, vor allem NH-Sicherungslastrennschalter.
Diese Schutzschalter vereinen die Funktionen eines Lasttrennschalters und eines Überstromunterbrechers in einem Gerät. Sollen beispielsweise Wartungsarbeiten am Stromkreis oder an den angeschlossenen Geräten durchgeführt werden, lässt sich der Schutzschalter manuell bedienen. Die eingebaute Sicherung verfügt über einen Schmelzdraht, der auf die Stromstärke des Stromkreises abgestimmt ist. Wenn die Stromstärke den Nennwert der Sicherung lange genug übersteigt, schmilzt der Draht und unterbricht den Stromkreis automatisch und dauerhaft. Im Handel verfügbar sind aber auch mit dem Trennschalter verbundene Sicherungsautomaten. Hier übernimmt ein Elektromagnet des Abschaltvorgang, ein Wechsel des Sicherungseinsatzes ist dann nicht notwendig.
Größter Vorteil des NH-Sicherungslasttrennschalters: Der Stromkreis lässt sich manuell unterbrechen, zum Beispiel zum Austausch der nachfolgenden Sicherungselemente. Er dient somit dem optimalen Schutz des Bedienpersonals bei Arbeiten an der Schalttafel.
Die wesentlichen Kriterien für die Auswahl von Neozed-Sicherungen betreffen die Sicherungsgröße, den Nennstrom, die Nennspannung, die Polzahl und die Auslösecharakteristik.
Die infrage kommenden Sicherungsgrößen reichen von D01 bis D03. Als Nennströme stehen Typen von 2 bis 400 Ampere zur Verfügung, die Nennspannung reicht von 400 bis 800 Volt. Mit Polzahl sind die Gehäuseformen bezeichnet, einpolige Ausführungen fassen eine einzige Sicherung. In der Mehrzahl der Fälle kommen aber die für Drehstrom typischen dreipoligen Gehäuse in Frage. Jede Phase ist hier einzeln abgesichert.
Ein typisches Beispiel, dass sich in in zahlreichen Sicherungskasten finden lässt, ist die dreipolige Ausführung für D01-Typen mit 16 Ampere Nennstrom. Die Auslösecharakteristika hängen unmittelbar mit den abzusichernden Lasten zusammen und sollten sorgfältig ausgewählt werden.