Ratgeber
Neue Geräte mit modernster Technik werden immer leistungsfähiger, kleiner und leichter. Dafür sorgen leistungsfähige Schaltkreise, die immer mehr Funktionen übernehmen können. Aber auch die Peripherie rund um die integrierten Schaltkreise (ICs) muss passen. Weil Tantal-Elektrolytkondensatoren sehr hohe Kapazitätswerte bei geringster Bauform ermöglichen, sind sie ein wesentlicher Bestandteil der modernen Elektronik. Wir zeigen Ihnen die Technik, die hinter diesen Bauteilen steckt und erklären, wie Tantal Elektrolytkondensatoren funktionieren.
Ein Kondensator besteht im Prinzip aus zwei Platten, die sich gegenüber stehen. Wenn an die Platten eine Gleichspannung angelegt wird, fließt kurzzeitig ein Ladestrom. Dabei lädt sich, je nach Polung der Gleichspannung, eine Platte positiv und die andere Platte negativ auf.
Wieviel Ladung der Kondensator aufnehmen kann hängt von seiner Kapazität ab. Je größer die Kapazität, desto höher ist die Energiemenge, die der Kondensator aufnehmen kann. Die Kapazität wiederum ist von der Größe und dem Abstand der Platten abhängig. Je größer die Platten und je dichter sie beieinander stehen, desto höher ist die Kapazität.
Um die Oberfläche der Platten zu vergrößern kann man entweder die Platten selber größer machen oder die glatte Oberfläche aufrauhen. Da Platz gespart werden soll, können die Platten nicht vergrößert werden. Darum muss die wirksame Oberfläche auf andere Weise erhöht werden. Genau deshalb wird das Metall Tantal verwendet.
Denn Tantal bietet aufgrund seiner physikalischen Eigenschaften die ideale Basis, um auf kleinstem Raum eine sehr große Oberfläche zu schaffen. Mit Keramik-Kondensatoren oder Aluminium-Elektrolytkondensatoren wäre das nicht möglich.
Anodenmaterial
Die Anode mit dem Anodenanschluss (1) ist der Plus-Anschluss des Kondensators und besteht aus Tantalpulver.
Die Körner des Tantalpulvers (2) haben eine typische Größe im Bereich von 0,1 – 10 µm.
Welche Korngröße bei der Produktion genutzt wird, ist von der gewünschten Kapazität und der erforderlichen Spannungsfestigkeit des herzustellenden Kondensators abhängig.
Je feiner die Körnung, desto größer ist die Oberfläche und somit die erreichbare Kapazität des Kondensators. Bei einer gröberen Körnung lässt sich eine höhere Spannungsfestigkeit erzielen.
Sintern
Das Tantalpulver wird mit einem Bindemittel versehen und zu einem Block gepresst.
Anschließend wird der Block bei 1200 – 1800 °C gesintert. Das bedeutet: Die Kontaktflächen der Körner werden miteinander verbacken.
Dadurch entsteht ein schwammähnliches, aber trotzdem extrem stabiles Konstrukt, das von einer Vielzahl von mikroskopisch kleinen Zwischenräumen durchzogen ist.
Dank dieser Fertigungstechnik beträgt die wirksame Oberfläche eines 6 x 3,2 x 2,6 mm kleinen SMD-Kondensators rund 350 cm².
Formieren
Im nächsten Arbeitsschritt wird die Anode formiert. Dazu wird sie in ein Elektrolytbad getaucht und an eine Gleichspannung angeschlossen.
Dadurch oxidiert die Oberfläche des Tantals zu Tantalpentoxid (Ta2O5). Die Oxidschicht (3) ist elektrisch nicht leitend und wirkt als Dielektrikum. Als Dielektrikum wird ein Stoff bezeichnet, dessen Ladungsträger nicht frei beweglich sind und der als Isolator fungiert.
Die Dicke der Tantalpentoxid-Schicht ist abhängig von der Formierspannung und legt später die Spannungsfestigkeit des Kondensators fest.
Hinweis:
Aus Sicherheitsgründen ist die Formierspannung deutlich höher, als die später max. zulässige Betriebsspannung des Kondensators. Da das Tantalpentoxid zum Teil auch in das Metall eindringt, werden dadurch die leitenden Verbindungen zwischen den einzelnen Tantalkörnern verengt.
Bei recht kleinen Körnern (4) kann das zur kompletten Unterbrechung der leitenden Verbindung führen. Die so abgeschnittenen Tantalkörner können elektrisch nicht mehr genutzt werden und tragen somit nicht zur nutzbaren Kapazität bei. Der nach außen wachsende Teil des Tantalpentoxids führt zu einer Verengung der Porenöffnungen. Dadurch wird das Eindringen des Elektrolyten erschwert.
Darum ist es notwendig, je nach gewünschter Kapazität und Spannungsfestigkeit die perfekte Körnung des Tantalpulvers zu wählen.
Elektrolyt
Tantal-Kondensatoren gehören zur Gruppe der Elektrolyt-Kondensatoren, die auch als Elkos bezeichnet werden.
Der Elektrolyt muss sich der strukturierten Oberfläche der Anode perfekt anpassen und bildet die Kathode des Kondensators.
Um in die poröse Struktur der Anode optimal eindringen zu können und so die Oberfläche großflächig zu kontaktieren, ist ein flüssiger Elektrolyt perfekt geeignet.
Ein fester Elektrolyt wie z.B. Mangandioxid hingegen erhöht die mechanische Festigkeit des Kondensators.
Um beide Vorteile nutzen zu können, wird die gesinterte und formierte Anode in flüssiges Mangannitrat getaucht. Anschließend wird das eingedrungene Mangannitrat in einem pyrolytischen Prozess bei 250 °C in festes Mangandioxid (5) umgewandelt. Dieser Vorgang wird so oft wiederholt, bis die Anode innen und außen mit Mangandioxid bedeckt ist und der Elkrolytkondensator wie eine Perle aussieht.
Bei Polymer-Tantal Kondensatoren wird anstelle von Mangandioxid ein hochleitfähiges Polymer verwendet. Dies hat den entscheidenden Vorteil, dass bei Überlast keine Sauerstoff-Atome freigesetzt werden. Das Risiko einer Entzündung im Fehlerfall ist somit minimal.
Kathodenkontaktierung
Da an die keramische Substanz von Manganoxid nicht einfach ein Anschlussdraht angebracht werden kann, muss ein anderer Lösungsweg beschritten werden.
Zunächst wird die mit Mangandioxid bedeckte Kondensator-Pille mit einer elektrisch leitenden Graphitschicht (6) überzogen. Über die Graphitschicht kommt dann noch eine Schicht aus Silberlack (7), die ebenfalls elektrisch leitfähig ist.
Die Graphitschicht trennt das Silber vom Mangandioxid und verhindert so, dass beide Substanzen miteinander reagieren können. In diesem Fall würde das Mangandioxid in hochohmiges Mangan(III)-oxid umgeformt, wodurch der Innenwiderstand des Kondensators steigen würde.
An der Silberschicht kann dann anschließend der Kathoden-Anschluss (8) angelötet werden.
Fertigstellung
Die Umhüllung des Elektrolytkondensators sowie die Endmessung mit anschließender Beschriftung schließen die Herstellung ab.
Die Fertigungsschritte eines Tantal-Kondensators SMD entsprechen im Prinzip genau denen, die bei der Fertigung einer bedrahteten Kondensator-Perle erforderlich sind. Dementsprechend ist der Aufbau des Bauelements annähernd identisch:
Um den Innen- oder Serienwiderstand (ESR = Equivalent Series Resistance) der Tantal Elkos so gering wie möglich zu halten, wurden Multi-Anoden SMD-Kondensatoren entwickelt.
Anstelle einer großen Anode werden zwei, drei oder mehr parallelgeschaltete Anoden in einem Gehäuse integriert. Das Verhältnis Oberfläche zu Volumen wird dadurch erhöht und der Innenwiderstand (ESR) verringert.
Weiterer Vorteil: Durch die bessere Wärmeverteilung halten Low ESR-Kondensatoren Stromstöße besser aus, als Kondensatoren mit nur einer Anode.
Allerdings ist im Vergleich zu Tantal-Elkos mit nur einer Anode die Herstellung dieser Low ESR Kondensatoren deutlich teurer.
Tantal-Elektrolytkondensatoren bieten einerseits enorme Vorteile, haben aber anderseits auch gewisse Nachteile. Die nachfolgende Tabelle gibt eine genaue Übersicht:
Vorteile | Nachteile |
---|---|
Hohe Kapazitätswerte bei kompakter Bauform | Tantalpulver mit gleichmässiger Korngröße aufwändig in der Herstellung |
Hohe mechanische Belastbarkeit | Empfindlich gegen Überspannungen |
Grosser Temperatur- und Frequenzbereich | Neigen im Fehlerfall zur Selbstentzündung |
Dank festem Elektrolyt kein altersbedingter Kapazitätsverlust | Polungsrichtiger Einbau erforderlich |
Fazit:
Wenn sichergestellt ist, dass Tantal Kondensatoren richtig eingebaut werden und keine zu hohen Spannungen anliegen, sind diese Elektrolytkondensatoren die perfekte Wahl.
Beim Austausch ist darauf zu achten, dass ein Kondensator mit gleicher Kapazität und gleicher Spannungsfestigkeit verwendet wird. Bei herkömmlichen AL-Elkos oder Folienkondensatoren ist ausreichend Platz vorhanden, um die entsprechenden Werte aufzudrucken. Bei Tantal Kondensatoren fehlt der Platz. Darum wird zum Teil mit einer Kurz-Kennzeichnung gearbeitet. Dabei muss man genau beachten, an welcher Position das Einheitszeichen der Nennkapazität steht:
µ47 entspricht dem Kapazitätswert 0,47 µF
4µ7 entspricht dem Kapazitätswert 4,7 µF
47µ entspricht dem Kapazitätswert 47 µF
Zum Teil wird der Kapazitätswert bei Tantal-Elkos auch nur mit drei Zahlen angegeben. Die ersten beiden Ziffern beschreiben den Wert in pF und die letzte Ziffer ist der Multiplikator bzw. die Anzahl der Nullen nach dem Wert.
Die Zahl 157 entspricht 15 x 107 pF = 150.000.000 pF bzw. 150.000 nF oder 150 µF
Die Toleranz wird mit Großbuchstaben angegeben:
Der Buchstabe J entspricht einer Toleranz von ±5%
Der Buchstabe K entspricht einer Toleranz von ±10%
Der Buchstabe M entspricht einer Toleranz von ±20%
Die Spannungsfestigkeit wird zum Teil direkt oder bei sehr kleinen Bauteilen ebenfalls mit einer Kurz-Kennzeichnung angegeben. Da es diesbezüglich keine einheitliche Richtlinie gibt, muss die Nennspannung bei Bedarf in den technischen Dokumentationen des Herstellers nachgeschlagen werden.
Des weiteren ist beim Einbau des Akkus auf die richtige Polung zu achten. Bei Tantal Kondensatoren ist im Regelfall die Anode (Plus-Anschluss) gekennzeichnet.
Speziell beim Auswechseln von SMD-Bauteilen muss mit dem richtigen Lötwerkzeug gearbeitet werden. In unserem Ratgeber „Richtig löten lernen“ zeigen wir, wie es geht.
Wie kann ein Tantal Elko geprüft werden?
Viele Multimeter bieten die Möglichkeit, Kondensatoren im Bereich von unter einem nF bis hin zu mehreren hundert µF zu testen. Neben der Kapazitätsmessung kann man mit einem Multimeter auch eventuell vorhandene Kurzschlüsse feststellen. Um Fehlmessungen auszuschließen, muss das zu messende Bauteil aus der Schaltung ausgebaut werden.
Was bedeutet Feldkristallisation?
Die Feldkristallisation ist größtenteils für den Ausfall von Tantal Kondensatoren verantwortlich. Sie führt zu einem erhöhten Reststrom, der im schlimmsten Fall einen Kurzschluss verursacht. Ursache für die Feldkristallisation ist die Struktur der Tantalpentoxid-Schicht. Im amorphen Aufbau ist die Schicht elektrisch nicht leitend. Durch Verunreinigungen, Beschädigungen oder bei zu dünner Ausprägung der Oxidschicht kann es zu punktuellen Überschlägen kommen. Dadurch wandelt sich die amorphe Struktur in eine elektrisch leitende kristalline Struktur um.
Ohne Strombegrenzung findet ein Lawineneffekt statt, der zum Abbrennen des Kondensators führt. Mit einer Strombegrenzung wird der Lawineneffekt verhindert und es findet eine Selbstheilung der Schadensstelle statt.
Gibt es auch Tantal Elkos mit flüssigem Elektrolyt?
Ja, in diesem Fall wird Schwefelsäure als Elektrolyt verwendet. Die „nassen“ Elkos werden vorzugsweise in axialer Bauform hergestellt. Der große Vorteil: Der flüssige Elektrolyt kann den Sauerstoff für die Selbstheilungsvorgänge zur Verfügung stellen, sodass die Feldkristallisation nicht in Erscheinung tritt. Anwendungsgebiete für diese Elkos sind die Industrie, militärische Bereiche und die Raumfahrt.