Ratgeber
Drehgeber, auch Winkelgeber, Rotary Encoder oder einfach nur Encoder genannt, spielen eine wesentliche Rolle in der Antriebs- und Automatisierungstechnik. Es handelt sich dabei um Sensoren, die die Position, Geschwindigkeit (Drehzahl) und Richtung rotierender Bauteile – vorrangig Wellen und Achsen – in Maschinen und Anlagen erfassen. Ihre Hauptaufgabe ist es, die mechanischen Größen in elektrische Signale umzuwandeln, so dass sie von einer Elektronik, beispielsweise speicherprogrammierbaren Steuerungen oder Industrie-PCs, entschlüsselt, verarbeitet und ausgewertet werden können. Damit liefern Drehgeber wesentliche Informationen für die Präzision und Effizienz automatisierter Systeme. Die Funktionsweise von Drehgebern variiert abhängig vom zugrundeliegenden Messprinzip sowie der Art der Positionserfassung und -bereitstellung. So werden neben optischen und magnetischen Drehgebern sogenannte Inkremental- und Absolutdrehgeber differenziert, die jeweils ihre spezifischen Vor- und Nachteile mit sich bringen und sich dementsprechend für unterschiedliche Anwendungen und Einsatzbereiche eignen. In der industriellen Automation und Antriebssteuerung zählen Drehgeber zur Standardsensorik und sind aus zahlreichen Produktionsprozessen nicht mehr wegzudenken. Sie werden unter anderem in der Robotik eingesetzt, um die exakte Positionierung von Roboterarmen zu steuern, und kommen in der Fertigungsindustrie zur Überwachung und Steuerung von Werkzeugmaschinen zum Einsatz. In unserem Ratgeber erfahren Sie, welche weiteren Anwendungsgebiete für Drehgeber es gibt, wie die unterschiedlichen Arten funktionieren und worauf beim Kauf zu achten ist.
Drehgeber sind ein unverzichtbarer Bestandteil moderner Automatisierungssysteme, da sie wichtige Informationen für deren Zuverlässigkeit und Präzision zur Verfügung stellen. Ihre Aufgabe ist es, mechanische Drehbewegungen zu erfassen und diese in analoge oder digitale Signale umzuwandeln, die dann durch eine Auswerteinheit, beispielsweise eine Steuerung, zum Zweck der Weiterverarbeitung entschlüsselt werden. Aus diesem Grund nennt man Drehgeber auch Encoder oder Winkelcodierer. In erster Linie dienen Drehgeber der Erfassung von Drehbewegungen von rotierenden Bauteilen. Prinzipiell können sie auch für die Messung von linearen Bewegungen und Längen zum Einsatz kommen, diese müssen jedoch zuvor in rotatorische Bewegungen übersetzt werden (beispielsweise über ein Zahnrad), damit der Drehgeber sie erfassen kann. Alternativ ist die Kombination mit einem Seilzug möglich. Üblicherweise messen Drehgeber dynamische Winkeländerungen bei Achsen und Wellen. Zu diesem Zweck werden sie mithilfe eines Flanschs, einer Nut oder einer Bohrung mit dem rotierenden Bauteil verbunden. Grundsätzlich sind Drehgeber überall dort einsetzbar, wo Drehwinkel, Drehzahlen, Geschwindigkeiten und Beschleunigungen präzise und in Echtzeit bestimmt werden müssen. Ihre Anwendungsgebiete sind dementsprechend vielfältig. So kommen Drehgeber unter anderem im Maschinen- und Anlagenbau, in der Lage- und Fördertechnik, in der Robotik und zahlreichen weiteren Sektoren zum Einsatz.
Drehgeber können Drehbewegungen je nach Bauart auf unterschiedliche Weise erfassen. Häufig Verwendung finden das optische und das magnetische Messprinzip.
Magnetische Drehgeber
Magnetische Drehgeber enthalten Magnetfeldsensoren, die in der Lage sind, Veränderungen eines Magnetfelds zu erfassen. Diese Veränderungen entstehen durch die Bewegung eines magnetischen Objekts. Das kann beispielsweise der Magnet eines Motors oder eines zusätzlichen Gebermagnets sein, der auf der Welle des Motors befestigt wird. Ein zusätzlicher Gebermagnet ist bei magnetischen Drehgebern jedoch meist nicht notwendig, da sich diese den Hall-Effekt zunutze machen. In dem Fall wird ein Dauermagnet auf der rotierenden Welle befestigt, der einen eindeutigen und absoluten Positionsmesswert erzeugt. In der Nähe sind die Hall-Sensoren fest angebracht, die auf dessen Magnetfeld reagieren. Dreht sich die Welle, dreht sich auch der Dauermagnet. Infolgedessen verändert sich die Ausrichtung dessen Magnetfelds. Die Sensoren erfassen diese Änderung und erzeugen ein elektrisches Signal, das proportional zur Winkelposition des Magneten ist. Diese wird dann von einer Elektronik verarbeitet, um die genaue Winkelposition zu bestimmen.
Magnetische Drehgeber ermöglichen eine präzise und zuverlässige Messung und sind zudem verschleißfrei, da sie ohne mechanische Kontakte auskommen. Dementsprechend zeichnen sie sich durch eine lange Lebensdauer aus. Des Weiteren sind sie unempfindlich gegenüber Staub, Vibrationen, Erschütterungen und hohen Temperaturen und daher auch unter widrigen Umgebungsbedingungen einsetzbar. Allerdings erreichen sie keine so hohe Auflösung wie optische Drehgeber und sind anfällig für elektromagnetische Interferenzen, was die Anwendung mit Elektromotoren einschränkt.
Optische Drehgeber
Optische Drehgeber erfassen mithilfe von Fotorezeptoren Lichtsignale, die durch eine teils lichtdurchlässige Scheibe unterbrochen oder moduliert werden. Die Scheibe ist an der rotierenden Welle montiert und mit undurchsichtigen und transparenten Bereichen versehen, die ein konzentrisches Muster bilden. Auf der einen Seite befindet sich eine Lichtquelle, in der Regel eine Infrarot-LED, deren Licht durch die Scheibe hindurch auf die Fotorezeptoren fällt. Dreht sich die Welle und damit die Kodierscheibe, wird durch den Lichteinfall ein Signalmuster erzeugt, das die Fotosensoren erfassen, elektronisch verstärken und digitale Signale umwandeln. Diese werden dann an einen Datenprozessor übertragen.
Optische Drehgeber bieten den Vorteil, dass sie sehr präzise Drehzahl- und Positionsbestimmungen ermöglichen. Sie eignen sich daher besonders gut für Anwendungen, bei denen es auf eine hohe Auflösung ankommt. So sind sie vor allem in Bürogeräten wie Computermäusen und Fotokopierern, aber beispielsweise auch in der Medizintechnik zu finden. Da sie unempfindlich für elektromagnetische Interferenzen sind, ist ein Einsatz in Elektromotoren problemlos möglich. Dafür fehlt es optischen Drehgebern jedoch an Robustheit. Schmutz und Erschütterungen können die Signalqualität erheblich beeinträchtigen und zu einer geringeren Lebensdauer führen.
Drehgeber werden nicht nur im Hinblick auf das zugrundeliegende Messprinzip, sondern auch danach unterschieden, wie sie die Positionsinformation erfassen und bereitstellen. Zu differenzieren sind hier inkrementale Drehgeber und Absolutdrehgeber.
Inkrementale Drehgeber
Ein Inkrementalgeber misst die relative Winkelposition bzw. Drehbewegung einer Welle durch die Erzeugung von Impulsen.
Diese können durch Unterbrechung eines Lichtstrahls (optische Inkrementaldrehgeber) oder durch Veränderung des Magnetfelds (magnetische Inkrementaldrehgeber) entstehen.
Um die Position und Geschwindigkeit der rotierenden Welle zu bestimmen, werden die Impulse pro Umdrehung gezählt. Je mehr es sind, desto kleiner ist der Winkel zwischen jedem Impuls.
Im Gegensatz zu einem Absolutdrehgeber wird keine absolute Position bestimmt.
Das heißt, einem Inkrementalgeber muss stets ein Referenzpunkt zugewiesen werden – und zwar bei jedem Start des Steuersystems und bei Unterbrechung der Stromversorgung, da die Positionsdaten hierbei verloren gehen.
Aus diesem Grund kalibrieren sich Inkrementalgeber beim Einschalten meist neu.
Absolutdrehgeber
Absolutdrehgeber bestimmen die absolute Winkelposition.
Zu diesem Zweck arbeiten sie mit einer eindeutig kodierten Scheibe (optisch oder magnetisch), bei der jeder möglichen Winkelposition jeweils ein eindeutiger Code zugeordnet ist. Im Gegensatz zu Inkrementalgebern ist daher weder ein Referenzpunkt noch ein Kalibriervorgang notwendig.
Nach einer Stromunterbrechung oder einem Neustart erfolgt eine Abtastung der Kodierscheibe, so dass der Drehgeber sofort in der Lage ist, exakte Positionswerte zu ermitteln.
Absolutdrehgeber gibt es als Singleturn- und Multiturn-Ausführungen. Bei Singleturn-Drehgebern erfolgt die Messung der absoluten Winkelposition innerhalb einer einzigen Umdrehung, wohingegen Multiturn-Drehgeber über mehrere Umdrehungen messen und zusätzlich die Anzahl der Umdrehungen erfassen.
Für einen einwandfreien Betrieb erfordern viele elektronische Geräte, Maschinen, Anlagen und automatisierte Systeme eine exakte Positions-, Richtungs- und Geschwindigkeitserfassung. Drehgeber sind für diese Aufgabe prädestiniert und kommen daher in zahlreichen Branchen und Anwendungen zum Einsatz. Wir geben einen Überblick:
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Maschinenbau und Antriebstechnik: Drehmoment- und Drehzahlmessung bei Elektromotoren, Positionsbestimmung von Getriebekomponenten für eine reibungslose Schaltung
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Erneuerbare Energien: Optimierung der Rotorposition und Windrichtungsnachführung von Windkraftanlagen, Positionserfassung von Solarpaneelen hinsichtlich der Ausrichtung nach der Sonne zur Optimierung der Energieeffizienz
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Luft- und Raumfahrt: Messung der Position von Steuerflächen wie Rudern und Klappen zur exakten Steuerung von Flugzeugen
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Medizintechnik: Positionserfassung von Komponenten in Diagnosegeräten wie MRT- oder CT-Scannern sowie in hochspezialisierten chirurgischen Robotern
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Druckindustrie: Positionsbestimmung von Druckwalzen, um eine präzise Ausrichtung und Druckqualität zu gewährleisten
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Verpackungsindustrie: Überwachung von Schneidwerkzeugen etc. zur korrekten Verpackung von Produkten
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Fördertechnik: Geschwindigkeitsüberwachung und -regelung von Förderbändern für reibungslose Abläufe
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Bau- und Landmaschinen: Winkelpositionsbestimmung von Kranauslegern und Baggerschaufeln für genaue Steuerung, Erfassung der Lenkposition bei Traktoren
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Robotik: Gelenkwinkelmessung von Roboterarmen für präzise Bewegungsabläufe, Erfassung von Radrotationen mobiler Roboter für bessere Steuerung und Navigation
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Werkzeugmaschinen: Positionsmessung von Maschinenteilen und Werkzeugen beispielsweise in Dreh-, Fräs- und CNC-Maschinen
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Consumer Electronics: Positionsbestimmung von Joysticks in Game-Controllern zur präzisen Bewegungsteuerung, Positionserfassung von Drehreglern in Hi-Fi-Anlagen- und Haushaltsgeräten
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EDV: Steuerung von Computermäusen, Fotokopierern, Plottern, Druckern und anderen Bürogeräten
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Automobilindustrie: Positionsüberwachung bei Handbremsen, Lenkwinkelmessung zur Steuerung von Fahrassistenzsystemen und zur Stabilitätskontrolle
Beim Kauf von Drehgebern gibt es einige Punkte zu beachten – angefangen beim zugrundeliegenden Messprinzip bis hin zu Ausstattung und Zusatzfunktionen. Wir erklären, welche Punkte bei der Auswahl relevant sind.
1. Art des Drehgebers
Zunächst ist zu überlegen, ob Sie einen Inkrementalgeber oder Absolutwertgeber benötigen. Inkrementalgeber messen nur relative Bewegungen und benötigen daher einen Referenzpunkt. Bei Stromausfall oder Neustart des Geräts muss somit eine Kalibrierung oder Referenzfahrt erfolgen. Absolutdrehgeber sind sofort nach dem Einschalten einsatz- und funktionsbereit und liefern ohne Referenzwert und Kalibrierung zuverlässige Messwerte, sind in der Anschaffung aber meist teurer.
2. Montage und mechanische Spezifikationen
Bringen Sie vor der Anschaffung in Erfahrung, welche Art von Welle Sie benötigen. Das kann beispielsweise eine Vollwelle, Hohlwelle oder Sacklochwelle sein. Stellen Sie sicher, dass die Abmessungen der Welle oder der Hohlwelle des Drehgebers zu Ihrem System passen. Prüfen Sie, ob der Drehgeber für die mechanischen Belastungen und für die maximale Drehgeschwindigkeit Ihrer Anwendung ausgelegt ist.
3. Auflösung
Die Auflösung entspricht bei Inkrementalgebern der Anzahl an Impulsen pro Umdrehung. Je höher sie ist, desto genauer ist die Positionsmessung. Bei Absolutdrehgebern entspricht die Auflösung der Anzahl an Bits. Hiervon hängt die Anzahl der eindeutigen Positionen ab, die der Geber erfassen kann: Je mehr Bits, desto höher die Auflösung, wobei 16 Bit das Maximum sind.
4. Messprinzip
Am geläufigsten sind das optische und das magnetische Messprinzip. Optische Drehgeber bieten in der Regel eine höhere Präzision und Auflösung, sind jedoch empfindlicher gegenüber Umwelteinflüssen wie Staub oder Vibrationen. Magnetische Drehgeber sind robuster und widerstandsfähiger gegenüber rauen Bedingungen, aber störanfällig für elektromagnetische Interferenzen.
5. Umgebungsbedingungen
Achten Sie darauf, dass der Drehgeber der Umgebungstemperatur standhält. Gerade im Zusammenhang mit Hochleistungsmotoren kann es schnell zur Hitzeentwicklung kommen. Die zugrundeliegende IP-Schutzart ist vor allem dann zu berücksichtigen, wenn mit einem erhöhten Staub- und Feuchtigkeitsaufkommen zurechnen ist. Bei Anwendungen mit starken Vibrationen oder Stößen ist zu prüfen, ob der Drehgeber selbigen standhält.
6. Schnittstelle
Um die Kompatibilität des Drehgebers mit der Elektronik sicherzustellen, ist wichtig zu wissen, welche Art von Ausgangssignal bzw. welchen Signaltyp (z.B. TTL, HTL, SSI, CANopen, Profibus) Ihre Steuerung verarbeiten kann. Ebenso ist in Erfahrung zu bringen, welche Versorgungsspannung der Drehgeber benötigt, und ob diese zur vorliegenden Stromversorgung passt.
7. Spezifische Anforderungen
Manche Drehgeber bieten zusätzliche Funktionen oder Möglichkeiten der Einstellung, beispielsweise integrierte Diagnosetools, redundante Systeme für erhöhte Sicherheit oder spezielle Ausgänge für bestimmte Anwendungen. Überlegen Sie, ob solche Funktionen für Ihre Anwendung von Vorteil sind.
Die maximal mögliche Drehzahl eines Drehgebers wird durch die mechanische Maximaldrehzahl und die Ausgabefrequenz definiert. Achten Sie beim Kauf darauf, dass der Geber Ihrer Wahl den von Ihnen benötigten Drehzahlen standhält. Wird die maximale Drehzahl überschritten, können schwerwiegende Defekte die Folge sein.
Welche Unterschiede gibt es zwischen lagerlosen Drehgebern und Drehgebern mit Lager?
Lagerlose Drehgeber haben keine integrierten Lager und haben somit eine geringere Einbautiefe, was eine platzsparende Installation ermöglicht. Die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Messung hängt jedoch von der Qualität und dem Zustand der externen Lagerung der Welle ab. Drehgeber mit eingebautem mechanischem Lager dienen als Stütze und stabile Führung für die Welle, was zuverlässigere Messungen ermöglicht. Dafür sind sie sind in der Regel größer und schwerer und Verschleiß unterlegen. Ob man sich für einen Drehgeber mit oder ohne Lager entscheidet, hängt letztlich von der gewünschten Präzision, Robustheit und den Umgebungsbedingungen der Anwendung ab.
Wie funktioniert die Signalverarbeitung bei Inkremental-Drehgebern?
Ein Inkremental-Drehgeber liefert meistens zwei Signale (A und B), es sind allerdings auch Encoder erhältlich die lediglich ein Signal (A) senden. Sobald eine Rotation des Drehgebers erfolgt, werden das A- und B-Signal um 90° versetzt ausgegeben. Wird der Drehgeber im Uhrzeigersinn gedreht, wird das A-Signal um 90° versetzt vor dem B-Signal verschickt. Erfolgt die Drehrichtung der Welle entgegen dem Uhrzeigersinn, wird das B-Signal vor dem A-Signal gesendet. Einige Encoder geben zusätzlich noch ein weiteres Signal (Z) aus. Z wird bei jeder Drehung an der gleichen Stelle gesendet und kann so als Bezugspunkt verwendet werden. Darüber hinaus senden manche Drehgeber sogenannte Differenzsignale (/A, /B und /Z). Dabei handelt es sich um invertierte Signale. Durch einen Abgleich mit den normalen Signalen (A, B und Z) kann festgestellt werden, ob es bei der Übertragung zu Fehlern gekommen ist.
Welche Ausgangstreiber haben Inkrementalgeber?
Standard sind heute HTL und TTL, die ältere Ausgangsschaltungen wie PNP oder NPN abgelöst haben.
Welche Befestigungsmöglichkeiten gibt es für Drehgeber mit Hohlwelle?
Die gebräuchlichste Befestigungsart ist eine Kombination aus Drehmomentstütze und Zylinderstift. Ebenfalls möglich ist eine lange Drehmomentstütze ebenfalls mit Zylinderstift. Eine weitere Option stellt der Einsatz einer Statorkupplung dar.