Ratgeber
Was sind elektromagnetische Störungen?
Wir sind ständig von elektromagnetischen Wellen umgeben. Rundfunksender, Mobilfunknetze oder das häusliche WLAN-Netz strahlen Energie auf unterschiedlichen Frequenzen ab. Und das ist so gewollt. Alle diese Wellen sind Träger von Informationen, auf die wir mit den passenden Endgeräten wie Radio, Fernseher, Smartphone oder PC – um nur einige zu nennen – zugreifen.
Daneben gibt es elektromagnetische Wellen, die den gewollten Empfang und die Verarbeitung der Informationen erheblich stören können und für Störgeräusche sorgen. Haben Sie schon einmal ein Knacken im Radio vernommen, wenn Sie einen Lichtschalter betätigen? „Knurrte“ etwas im HiFi-Verstärker, wenn Sie mit dem Mobilteil Ihres Festnetzanschlusses telefoniert haben? Auch Schaltnetzteile arbeiten mit höheren Frequenzen und strahlen dabei ihre Arbeits-Frequenz ab. Jeder PC hat für den Prozessor einen Taktgeber, der störende Signale aussendet. Ebenso können mit der häuslichen 230-Volt-Stromversorgung unerwünschte, hohe Frequenzen an Störstrahlungen „eingeschleppt“ werden.
Das alles sollte normalerweise nicht passieren, denn zur Unterdrückung der unerwünschten Störeinstrahlungen werden Hilfsmittel eingesetzt: Entstörfilter. So verschieden die Möglichkeiten für das Eindringen von Störsignalen sind, so unterschiedlich sind auch Aufbau und elektrische Ausführung dieser Filter.
Um Funkstörungen zu verringern, gibt es verschiedene Möglichkeiten:
Funkstörungen können bereits an der Quelle reduziert werden, zum Beispiel durch Vorwiderstände, Kondensatoren und/oder Drosseln (Spulen). Solche Entstörbauteile müssen so nah wie möglich an der Störquelle liegen, um die Antennenwirkung der Zuleitungen auszuschalten.
Daneben besteht die Möglichkeit der Abschirmung der Störquelle, z. B. durch hochfrequenzdichte Metallgehäuse.
Die Filterung der Zuleitungen von und zur Störquelle ist zum Beispiel mit Durchführungskondensatoren möglich.
Eine weitere Lösung ist die galvanische Trennung von Signalquelle und Signalempfänger.
Die elektrischen Bauteile, die solche Aufgabe lösen können, sind Entstörfilter. Davon gibt es verschiedene Bauarten mit unterschiedlichen Elementen.
Welche Entstörfilter gibt es?
Entstörfilter (allgemein)
Das sind Induktivitäten oder Kapazitäten, die zum Beispiel direkt an Motoren mit Kollektorbürsten (Stabsauger) oder im Anschlusskasten größerer Elektromotoren verbaut sind, um die Störungen, die von solchen Maschinen ausgehen zu unterdrücken.
Je nach Anwendungsbereich sind diese Filter mit speziellen technischen Daten konstruiert und auch so designt, dass sie bestimmten Umwelteinflüssen standhalten.
Funk-Entstörfilter
Hauptaufgabe der Funk-Entstörfilter ist die netzseitige Entstörung von Stromversorgungen und Elektronik-Geräten. Diese Filter unterdrücken Frequenzen im Stromnetz, die oberhalb von 63 Hz liegen. Installiert werden sie überwiegend auf Tragschienen unmittelbar im Hausanschlusskasten. Sie leiten je nach Erfordernis hohe Ströme bis 16 Ampere durch.
Speziell zur Beseitigung hochfrequenter Störungen in Koaxialkabeln dienen sogenannte Mantelstromfilter. Diese Filter, die lediglich zwei Kondensatoren enthalten, lassen sich als „kapazitativer Koppler“ einfach zwischen dem Verbraucher und der Antennenbuchse einschleifen und eignen sich gut zur Unterdrückung von Frequenzen oberhalb von 1 GHz, so dass analoger und digitaler Rundfunk- und Fernsehempfang weiterhin problemlos möglich ist.
Für den Einsatz in Entstörfiltern werden die Kondensatoren in zwei Klassen eingeteilt: X-Kondensatoren und Y-Kondensatoren. Bei X-Entstörfiltern sind Kondensatoren zwischen den Phasen oder Phase und Neutralleiter geschaltet. Klasse Y-Entstör-Kondensatoren werden zum Überbrücken der Basisisolierung verwendet, um bei einem Kurzschluss Gefährdungen der Umgebung zu vermeiden.
Funkentstör-Kondensatoren werden als Einzelbauteile und komplett als Mehranschluss-Komponente angeboten.
Netzfilter
Diese Filter halten Störungen aus dem Niederspannungsnetz (230 Volt) am Stromversorgungs-Anschluss eines Gerätes. Zugleich verhindern sie die Rückgabe möglicher Störfrequenzen aus dem angeschlossenen Geräte in das Niederspannungsnetz über die Steckdose. Sie sind meist in den Anschluss-Steckern mit verbaut und auf die Leistungsaufnahme der Geräte abgestimmt. Problematisch – nicht nur bei medizinischen Geräten – sind sogenannte Ableitströme, die dadurch entstehen, dass Entstör-Kapazitäten mit dem Schutzleiter verbunden sind. In modernen Filtern ist der durch technische Maßnahmen so gering, dass er die Anforderungen internationaler Normen (UL/IEC) erfüllt.
Viele Netzfilter bestehen aus einer Kaltgerätebuchse mit integrierter Elektronik (Drosseln und Kondensatoren). Einige Ausführungen besitzen zudem einen Netzschalter und Sicherungen. Erhältlich sind Netzfilter auch für die Leiterplatten-Montage.
Netz-Entstörfilter sind zum Beispiel in Steckdosenleisten mitunter in Kombination mit einem Überspannungsschutz verbaut.
NF-Entstörfilter
Niederfrequenz-Entstörfilter halten Störungen in NF-Komponenten zurück, beispielsweise in Audio-Anlagen von PKWs oder zwischen Komponenten der heimischen HiFi-Anlage. Störungen entstehen dort oft durch verschiedene Massepotentiale an Radio und Verstärker oder durch die Strahlung von anderen PKW-Komponenten wie Lichtmaschine oder Anlasser. Entstörfilter dieser Art können beispielweise gleich in Cinch-Leitungen eingebaut sein. Realisiert wird das durch sogenannte Mantelstromfilter (englisch: Ground Loop Isolator) oder Massefilter (Ground Breaker) zur Masse-Entkopplung. Diese Trennung ist mithilfe von Koppel-Kondensatoren oder Transformatoren realisierbar. Die letztlich benutzte praktische Lösung ist vom angestrebten Frequenzgang abhängig.
Daneben gibt es spezielle Anwendungen für Datenverbindungen bei PCs.
Kaufkriterien – darauf kommt es an
Die erste Überlegung sollte sein, ob Sie einzelne Geräte oder komplexe Stromkreise entstören wollen. Wenn dazu Installationsarbeiten am Niederspannungsnetz nötig sind, sollten Sie die Hilfe eines Fachmanns in Anspruch nehmen. Er verfügt über qualifizierte Messgeräte, um die Effektivität der Entstörbauelemente zu prüfen.
Einfacher ist der Einbau einzelner Netzfilter. Bei genügend Spielraum im Gehäuse lassen sich vorhandene Kaltgerätebuchsen gegen solche mit Netzfilter austauschen. Achten Sie auf die farbliche Kennzeichnung der Anschlüsse und deren sichere Befestigung.
Ist zu wenig Raum zum Einbau vorhanden, ist die Konstruktion eines zentralen Stromverteilers möglich. Hier lassen sich über eine Parallelschaltung gleich mehrere Netzfilter an einem einzigen Wandanschluss verwenden. Aber Achtung: Jeder Netzfilter ist nur für eine bestimmte Strombelastung ausgelegt, sie reicht von 1 bis 20 Ampere. Um auf Nummer sicher zu gehen, sollten Filter von jeweils wenigstens 3 A (entspricht etwa 700 Watt) eingesetzt werden.
Unser Praxistipp: Ein Netzfilter pro Stromanschluss
Viele Verteilerleisten für Netzstrom verfügen nur über einen einzigen Netzfilter für alle Steckdosen. Das kann sich jedoch negativ auf alle angeschlossenen HiFi- und TV-Komponenten auswirken, da sich der Stromwiderstand (Impedanz) der Verteilerleiste zum Netz hin verändert. Zwar fließen dann so gut wie keine Störströme mehr ins Netz, dafür aber in andere an der Leiste angeschlossenen Geräte. Zweckmäßiger ist es, jeden Stromanschluss mit einem eigenen Netzfilter zu versehen oder aber einen Verteiler mit Einzel- oder zumindest Gruppen-Entstörung zu verwenden.
FAQ – häufig gestellte Fragen zu Entstörfiltern
Was bedeutet der Aufdruck "EMI-Filter"?
Die Abkürzung EMI steht für „Electromagnetic Interference“, gemeint sind damit elektromagnetische Störungen beziehungsweise Funkstörungen. Die elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) gibt die Fähigkeit des Bauteils an, solche Störungen zu verhindern. Deswegen werden die passiven Bauelemente auch als EMV-Filter bezeichnet.
Lässt sich ein Netzfilter in ein selbst gebautes Kabel integrieren?
Dies ist ohne Weiteres möglich. Statt einer Lösung mit Schrumpfschlauch oder gar Isolierband empfehlen wir den Kauf eines Netzfilters mit PVC-Abdeckung und integriertem Netzschalter.
Gibt es Netzfilter ohne Pin für den Schutzleiter?
Nein, die gibt es nicht. Und zwar nicht nur aus sicherheitstechnischen, sondern auch aus funktionalen Gründen. Denn der Schutzleiter – in der Regel verbunden mit dem metallenen Gehäuse des Verbrauchers – ist für das Filtern hochfrequenter Wellen unbedingt notwendig. Die Wasser- und Heizleitungen eines Hauses oder einer Wohnung (die „Erde“) können als riesige Antenne für Funkfrequenzen wirken, sie sind in die Filterfunktion deshalb einzubeziehen.