Ratgeber
Die häufigste Bauform von Radioaktivitäts-Messgeräten ist das Geiger-Müller-Zählrohr, kurz Geigerzähler. Unterschiedliche Detektoren messen unterschiedliche Strahlungen:
- Alpha-Strahlung
- Beta-Strahlung
- Gamma-Strahlung
- Röntgen-Strahlung (X-Strahlung)
Das Funktionsprinzip des Zählrohrs ist es, dass bei Vorhandensein einer radioaktiven Strahlung im Detektor eine elektrische Spannung entsteht, die gemessen werden kann:
- Sobald ein ionisierendes Teilchen in das Geiger-Müller-Zählrohr eintritt, entsteht eine Kettenreaktion, die zu einer Gasentladung führt.
- Das Teilchen spaltet die Elektronen von den Atomkernen des im Zähler befindlichen Edelgases (meist Argon oder Krypton) ab und diese, sowie unzählige Sekundärteilchen, erreichen die Anode.
- Dadurch entsteht eine Spannung im Zählrohr und das ionisierte Gas wird für kurze Zeit leitend, der Stromkreis schliesst sich und der Geigerzähler signalisiert Strahlung. Die vielen Ionen an der Anode sorgen für ein Ungleichgewicht und schirmen gleichzeitig die Kathode ab.
- Daraufhin nimmt die Spannung im Zählrohr ab und schliesslich wird der Stromkreis unterbrochen.
- Als Totzeit wird nun die Zeitspanne nach dieser Gasentladung bezeichnet, in welcher der Zähler kein Signal misst. Die Totzeit endet, sobald sich die Ionenwolke an der Kathode entladen hat. Je nach Bauart des Geigerzählers beträgt sie in etwa zwischen 0,1 und 0,3 Millisekunden.
Unser Praxistipp: Unterschiedliche Ausführungen
Viele Messgeräte für Radioaktivität kombinieren die Erfassung mehrerer radioaktiver Strahlungsarten. Häufig ist die Dosisleistung direkt an einem Display ablesbar, bei einigen Geräten kann sie erst nachträglich mithilfe anderer Geräte und Auswertungssoftware ausgelesen werden. Meist besitzen Geigerzähler eine Warnfunktion: akustisch, optisch oder als Vibration.
Andere Bauformen als das Geiger-Müller-Zählrohr messen nach dem gleichen Prinzip radioaktive Strahlung. Die Ionisationskammer und das Proportionalzählrohr sind ebenfalls Zählrohre. Auch sie sind mit einem Zählgas gefüllt, um die Reaktion der Ionen aus der radioaktiven Strahlung in messbare elektrische Effekte umzuwandeln. Ionisationskammer und Proportionalzählrohr arbeiten mit niedrigeren Spannungen als das Geiger-Müller-Zählrohr, dadurch kommt es nicht zur ständigen Gasentladung mit anschließender Totzeit.
Geigerzähler sind oft als einfache Dosisleistungsmessgeräte konzipiert. Manchmal ist ein Dosimeter direkt integriert, da sich diese Zusatzfunktion technisch einfach realisieren lässt.
- Geigerzähler (Dosisleistungsmessgeräte) messen die aktuelle Strahlendosis. Sie erkennen zum einen, ob überhaupt radioaktive Strahlung vorhanden ist, und zum anderen, wie hoch die Strahlenbelastung augenblicklich ausfällt.
- Dosimeter summieren die Strahlendosis über den Zeitverlauf auf. Dadurch lässt sich die kumulierte Strahlenbelastung durch radioaktive Einflüsse ermitteln. Dosimeter kommen im Strahlenschutz zum Einsatz, da sie die Einhaltung von Grenzwerten über grössere Zeiträume hinweg kontrollieren können. Dosimeter sind oft als mobile Personendosimeter ausgeführt, die von bestimmten Berufsgruppen im Einsatz ständig am Körper getragen werden.
Achtung: In Österreich werden die Begriffe Dosimeter und Dosisleistungsmessgerät in den Eichvorschriften synonym verwendet. Auch umgangssprachlich wird häufig nicht präzise unterschieden zwischen Geräten zur Ermittlung der aktuellen radioaktiven Strahlendosis und Geräten zur Dosisleistungsmessung über einen längeren Zeitraum.
Messgeräte für Radioaktivität kommen in vielen Bereichen zum Einsatz.Bekannt ist der Einsatz in der Radiologie und Nuklearmedizin,aber auch bei der Krebsbehandlung wird über Dosimeter die Bestrahlungvon Tumoren überwacht, um dem Patienten eine optimale Dosis zuzuführen.
Katastrophenschutzteams wie zum Beispiel die Feuerwehr und dasMilitär sind mit Geigerzählern ausgerüstet, um bei ABC-Einsätzen, alsoatomaren, biologischen und chemischen Gefahren entsprechend derMessungen handeln zu können. Ausserdem nutzen Archäologen, Geologenund Kunstwissenschaftler bei unbekannten FundenRadioaktivitätsmessgeräte mit Warnfunktion und weiterführenderadioaktive Verfahren zur Analyse derselbigen. Auch im Bergbau kommenradioaktive Stoffe vor, die mithilfe von Geigerzählern detektiert werden.
Für Privatpersonen ist die Anschaffung von einfachenGeigerzählern und Dosimetern unkompliziert möglich. Vermehrt wird siein Regionen betrieben, die durch atomare Katastrophen wie Tschernobyloder Fukushima bekanntermassen einer aussergewöhnlichen Belastung mitradioaktiven Umwelteinflüssen unterliegen oder die sich im Umkreiseines noch aktiven Atomkraftwerks befinden.
Wie entsteht radioaktive Strahlung?
Im Neutralzustand haben Atome und Moleküle gleich viele Elektronen wie Protonen. Sind jedoch mehr Protonen oder Elektronen vorhanden, besitzt das Teilchen eine elektrische Ladung und wird als Ion bezeichnet. Wegen dieser ursächlichen, instabilen Teilchen wird Atomstrahlung auch als ionisierende Strahlung bezeichnet.
Radioaktive Strahlung entsteht, wenn ein Atomkern zerfällt. Dies kann auf natürliche Weise geschehen oder durch gezielte Atomspaltung. Bei einer Spaltung werden Alpha-Strahlung, Beta-Strahlung und Gamma-Strahlung freigesetzt. Naturwissenschaftlich korrekt wäre es, von einer Umwandlung zu sprechen, denn es entstehen beim Zerfall des Atomkerns neue Stoffe. Diese freigesetzten Stoffe sind radioaktiv, nicht die Strahlung als solche. Es handelt sich also bei dem, was von Laien und Medien gern als „Atomstrahlung“ bezeichnet wird, um die ionisierende Strahlung radioaktiver Substanzen.
Strahlungsarten und Reichweiten
Zu den ionisierenden Strahlungsarten zählen Alpha-, Beta-, Gamma-Strahlung und Röntgenstrahlung. Sie unterscheiden sich in ihrer Zusammensetzung und Reichweite. Während Alpha- und Beta-Strahlung aus geladenen Teilchen bestehen, setzen sich Gamma-Strahlung und Röntgenstrahlung aus ungeladenen Photonen und Quanten zusammen.
Übrigens: Gamma-Strahlung und Röntgen-Strahlung unterscheiden sich nicht in ihrer Zusammensetzung, sondern durch die Art ihrer Entstehung: Gamma-Strahlung entsteht durchKernreaktionen, Röntgenstrahlung aus einer Geschwindigkeitsänderung geladener Teilchen oder hochenergetischen Übergängen in der Elektronenhülle.
In vielen Ländern wird die Röntgenstrahlung nach ihrem Entdecker Wilhelm Conrad Röntgen benannt, international findet sich aber auch das Buchstabenkürzel X für Röntgenstrahlung gleich X-Strahlung, analog zu den griechischen a, b, ɣ für die anderen Strahlungsarten.
Reichweiten der Strahlungsarten:
- Alpha–Strahlung (a-Strahlung) hat nur eine Reichweite von wenigen Zentimetern. Sie kann bereits durch ein Blatt Papier gestoppt werden. Deswegen müssen Geigerzähler zur Erkennung von Alpha-Strahlung über der Kleidung getragen werden.
- Die Beta–Strahlung (â-Strahlung) kommt einige Meter weit. Sie kann durch Metalle, zum Beispiel Aluminium, abgeschirmt werden.
- Die Gamma–Strahlung (ɣ-Strahlung) und Röntgenstrahlung (X-Strahlung) haben die längste Reichweite, wobei insbesondere bei der Röntgenstrahlung die Reichweite bei der Erzeugung technisch beeinflusst wird. Zur Abschirmung hilft eine dicke Bleischicht oder Betonwand. Deswegen ist in Röntgenschutz-Schürzen Blei eingearbeitet und das Personal verlässt während der Aufnahme den Raum.
Einheiten im Geigerzähler
Becquerel (Bq) ist die Masseinheit für die Radioaktivität. 1 Bq liegt vor, wenn in einer Sekunde 1 Atomkern zerfällt. Die natürliche Radioaktivität in unseren Lebensmitteln beträgt durchschnittlich 40 Becquerel pro Kilogramm. Das heisst, in 1 Kilogramm Nahrung zerfallen durchschnittlich 40 Atomkerne pro Sekunde.
Gray (Gy) gibt hingegen an, wieviel ionisierende Strahlung von einer Masse absorbiert wird. Es handelt sich dabei um einen objektiven Wert, der sich aus den SI-Einheiten Joule und Kilogramm herleitet. Die Einheit Gray ist das Mass für die vom Gewebe absorbierte Strahlungsdosis. Bei einer Ganzkörperbestrahlung mit über sechs Gy sind die Überlebenschancen – auch bei optimaler Behandlung – gering, bei 15 Gy gleich null.
Sievert (Sv) ist die gewichtete Masseinheit für die Strahlendosis. Sie charakterisiert die Wirkung ionisierender Strahlung auf Menschen. Diese Dosis berücksichtigt die unterschiedliche Wirkung der Strahlenarten und die unterschiedliche Strahlenempfindlichkeit der Organe durch einen Strahlungswichtungsfaktor. Sie ist daher für die Beurteilung von Gefährdungen die bedeutendste Grösse.
Grenzwerte für die Strahlenbelastung
In Deutschland liegt die normale Strahlenbelastung pro Jahr bei etwa zwei bis vier Millisievert. Der grösste Teil davon, 1,5 Millisievert, gehen auf Röntgenuntersuchungen zurück.
Neben der ionisierenden Strahlung, die bei einer gezielten Atomspaltung entsteht, gibt es immer auch eine natürliche radioaktive Strahlung aus dem All und dem Erdboden, wo beispielsweise Erze zur Strahlung beitragen. Diese Werte sind ungefährlich für den Menschen.
Auch bei mittleren Strahlenbelastungen zeigt sich die gesundheitsgefährdende Wirkung der Radioaktivität nur sekundär, beispielsweise durch das Ansteigen von Krebserkrankungen in der Bevölkerung und Veränderungen im Erbgut, die zu Fehlbildungen bei Nachkommen führen. Ab 250 Millisievert ist das gehäufte Auftreten von Krebserkrankungen und Gendefekten bei Neugeborenen sehr wahrscheinlich.Während einer bestehenden Schwangerschaft sind schon Strahlungen ab 100 Millisievert kritisch.
Bei einer Dosis von etwa 1 Sievert kommt es zur akuten Strahlenkrankheit, die in der milden Form mit Fieber, Durchfall und Übelkeit einhergeht und im schlimmsten Fall zum Tod durch multiples Organversagen führt.