5G Mobilfunkstandard & 5G Netz einfach erklärt
Veröffentlicht: 27.10.2020 | Lesedauer: 9 Minuten
Seit der Einführung des Mobilfunkstandards der fünften Generation (5G) rühren Mobilfunkanbieter und Netzbetreiber, wie z.B. die Deutsche Telekom, verstärkt die Werbetrommel. Sie zeigen uns eine neue faszinierende digitale Welt, die uns dank superschnellem 5G immer und überall zur Verfügung steht.
Die Zeiten, in denen die Besitzer von Mobiltelefonen noch mit massiven Netzproblemen zu kämpfen hatten, sind definitiv vorbei. Nach Werbeaussagen der Netzbetreiber stehen mit der neuen Technologie scheinbar grenzenlose Möglichkeiten beim mobilen Internetzugang in Echtzeit zur Verfügung. Damit ist das verzögerungsfreie Streamen von Filmen oder Live-Events für Millionen Menschen zeitgleich möglich.
Mobiles Gaming und Augmented Reality stoßen in den kommenden Jahren in eine völlig neue Dimension vor. Die reale Welt und virtuelle Elemente werden nahtlos und fließend ineinander verschmelzen. Virtual Reality wird aber auch unsere Art zu Lernen grundlegend verändern und völlig neu definieren.
Wir erklären in unserem Ratgeber, was noch hinter dem Mobilfunkstandard 5G steckt und was der neue Mobilfunkstandard alles kann bzw. in den nächsten Jahren können wird.
Um Signale wie Sprache, Musik oder auch Daten über große Entfernungen zu übertragen, braucht man ein Transportmedium. Bei der mobilen Kommunikation werden dafür hochfrequente (HF) Schwingungen als Trägerfrequenz genutzt.
Diese werden dann von Antenne zu Antenne durch die Luft übertragen. Fachkräfte sprechen von Modulation, wenn ein Nutzsignal mit niedrigen Frequenzen (NF), wie z.B. Sprache oder Musik, mit einer hochfrequenten Trägerfrequenz kombiniert wird.
Die gängigsten Modulationsarten bei der analogen Übertragung von Rundfunk und Fernsehen sind die Amplitudenmodulation (AM) und die Frequenzmodulation (FM). Im Mobilfunk hingegen werden Digitalinformationen mit Nullen und Einsen übertragen.
Deshalb wird hier die Phasenmodulation (PSK für Phase Shift Keying) angewandt. Wenn die Welle der Trägerfrequenz nach oben anschwingt, wird eine „Eins“ übertragen.
Schwingt die Welle nach unten an, wird eine „Null“ übertragen.
Die Trägerfrequenz arbeitet in einem bestimmten Frequenzspektrum, das durch die untere und obere Grenzfrequenz definiert wird. Dieser Bereich wird auch als Bandbreite bezeichnet. Je höher die Bandbreite, desto mehr Informationen können übertragen werden.
Auf der Empfängerseite werden durch Demodulation das niederfrequente Nutzsignal bzw. die Dateninformation wieder gewonnen. Das funktioniert aber nur, wenn der Empfänger und der Sender genau aufeinander abgestimmt sind und die gleichen Frequenzen sowie das gleiche Übertragungsverfahren nutzen.
Beim Mobilfunkstandard werden u.a. die Struktur der Funksignale und der Ablauf der Datenübertragung weltweit genau definiert. Smartphone-Hersteller haben damit konkrete Planungsunterlagen und Smartphone-Nutzer können ihre Geräte später weltweit einsetzen.
Die Entwicklung der Mobilfunkstandards hat auch immer etwas mit der Entwicklung des Nutzerverhaltens zu tun. Oder anders ausgedrückt, die Mobilfunkstandards haben immer versucht der stetig wachsenden Nachfrage an Datenvolumen und Geschwindigkeit gerecht zu werden. Während beim Mobilfunkstandard der ersten Generation noch das mobile Telefonieren im Vordergrund stand, haben sich die Ansprüche der Nutzer und auch die Leistungsfähigkeit der modernen Smartphones deutlich verschoben. Wie schnell und wie enorm dabei die Veränderungen stattfanden, kann man anhand der Entwicklung der unterschiedlichen Mobilfunkstandards erkennen.
Mobilfunkstandard 1G
Der Standard der ersten Mobilfunk-Generation (1G) funktionierte 1958 mit analoger Sprachübertragung über das sogenannte A-Netz.
Gespräche mussten noch vom „Fräulein vom Amt“ per Hand vermittelt werden.
Es gab Funksender mit festen Senderbereichen, die man nicht verlassen durfte, da sonst das Gespräch unterbrochen wurde. Die zum Teil recht unhandlichen Geräte waren zudem auch noch richtig teuer.
Im Jahr 1972 folgten das B-Netz als erstes Selbstwahlnetz im Mobilfunk und 1984 das C-Netz, das auf Funkzellen basierte.
Auch die Telefone wurden im Laufe der Jahre deutlich kleiner und zum echten Handy.
Mobilfunkstandard 2G
Unter den Namen „Global System for Mobile Communication“ oder auch GSM-Netz wurde ab 1992 die zweite Generation des Mobilfunknetzes eingeführt. Durch die Umstellung auf Digitaltechnik war es möglich, im D-Netz und später im E-Netz neben der Sprache auch Daten wie z.B. SMS-Nachrichten per Mobilfunk zu übertragen. Durch die Digitalisierung wurde zudem die Sprachqualität deutlich verbessert und es konnten wesentlich mehr Personen gleichzeitig telefonieren oder Daten übertragen. Im GSM-Netz kamen zwei Frequenzbänder zum Einsatz.
GSM 900 nutzt die Frequenzen 890 – 915 MHz und 935 – 960 MHz.
GSM 1800 (vormals Personal Communications Network 1800) nutzt die Frequenzen 1.710 – 1.785 MHz und 1.805 – 1.880 MHz.
Dank effizienter Modulationsverfahren (GPRS-Technik) waren Datenraten von bis zu 150 kbit/s möglich.
Mobilfunkstandard 3G
Die Einführung des Mobilfunkstandards der dritten Generation oder auch „Universal Mobile Telecommunications System (UMTS)“ erfolgte in Deutschland im Jahr 2004.
Mit diesem Standard war die Basis für die mobile und schnelle Übertragung großer Datenmengen geschaffen.
Mobiles Surfen im Internet oder Abspielen und Verbreiten von Musik und Videos wurden mit diesem Standard problemlos möglich.
UMTS nutzt die Frequenzen 1.920 – 1.980 MHz und 2.110 – 2.170 MHz.
Durch technische Erweiterungen wie z.B. HSPA+ (High Speed Packet Access) waren Übertragungsraten von bis zu 42 Mbit/s möglich.
Mobilfunkstandard 4G
Um dem seit Jahren ständig wachsenden Datenübertragungsvolumen gerecht zu werden, wurde der Mobilfunkstandard LTE (Long Term Evolution) entwickelt.
Dabei ging es aber nicht nur um die Steigerung der Übertragungsraten.
Vielmehr sollte ein weltweit einheitlicher Standard entwickelt werden, der dann 2009 in Stockholm startete. Im Mai 2010 wurde LTE auch in Deutschland eingeführt.
LTE nutzt die Frequenzen 800 MHz, 1.800 MHz und 2.600 MHz. Seit Juni 2015 sind auch noch weitere Frequenzen im Bereich von 700 MHz hinzugekommen, die zuvor vom Digitalen Fernsehen (DVB-T) genutzt wurden. Durch eine innovative Mehrantennentechnik, einer besseren Aufteilung der Funkzellen sowie einer Reduzierung der Verzögerungen (Latenzen) sind Datenübertragungsraten von bis zu 300 Mbit/s möglich. Durch Bündelung von Frequenzbändern (LTE-Advanced Pro) ergibt sich eine theoretische Geschwindigkeit von bis zu 500 Mbit/s.
Mobilfunkstandard 5G
Während der LTE-Ausbau noch im vollen Gang war, wurde bereits der LTE-Nachfolger 5G bzw. der Standard für die fünfte Mobilfunkgeneration entwickelt.
Dabei hat die Einführung von 5G nicht das Ende von LTE bzw. 4G bedeutet. Vielmehr ist 5G die Erweiterung von LTE.
Denn nur durch den Parallelbetrieb von LTE und 5G können die in Zukunft benötigten Datenmengen und Übertragungsgeschwindigkeiten erreicht werden.
Letztendlich wird die Kommunikation in Zukunft nicht nur zwischen Millionen Menschen stattfinden. Auch Maschinen und Geräte werden sich viel stärker im Internet der Dinge (IoT) vernetzen und ständig Informationen untereinander austauschen. Eine komplexe Industrieautomation (Industrie 4.0) oder das autonome Fahren werden erst durch eine zuverlässige Verbindung mit extrem hohem Datenvolumen und geringer Verzögerungszeit möglich sein.
Welche Frequenzen nutzt das 5G-Netz?
Der 5G Mobilfunk-Standard nutzt als fünfte Mobilfunkgeneration die verfügbaren Frequenzbereiche 700 Megahertz (geteilt mit LTE), 2,1 Gigahertz und 3,6 Gigahertz für die Datenübertragung in Deutschland.
Die Übertragung im 5G Mobilfunk findet in Deutschland maßgeblich in drei Bereichen statt:
700 MHz
Mit diesen LTE-Frequenzen war ursprünglich geplant LTE in ländliche Regionen zu übertragen. Durch intelligentes Dynamic Spectrum Sharing (DSS) können sich nun 4G und 5G das Frequenzband teilen, wobei LTE als Ankerfrequenz und Verbindungsglied dient. Dadurch sind keine aufwendigen Umbaumaßnahmen an den Sendemasten nötig. Für die Umrüstung ist lediglich ein Softwareupdate erforderlich.
2.100 MHz (2,1 GHz)
Bei der Frequenzauktion 2019 wurden neben dem 3,6 GHz-Band auch noch freie Kapazitäten im Bereich von 2 GHz (Gigahertz) versteigert. Wenn der Rückbau des UMTS-Netzes Ende 2020 abgeschlossen ist, stehen auch noch die frei gewordenen UTMS-Frequenzen für 5G zur Verfügung.
3.600 MHz (3,6 GHz)
Das 3,6 GHz-Frequenzband zählte bei der Versteigerung durch die Bundesnetzagentur zu den begehrtesten Frequenzbändern für den 5G-Ausbau. Zwar fällt die Reichweite in diesem Frequenzbereich eher gering aus, aber es können sehr große Datenmengen übertragen werden. Dadurch ist dieser Frequenzbereich ideal für Städte geeignet.
Im Bereich von 700 MHz bis 3,6 GHz funken die unterschiedlichsten Mobilfunkstandards von 2G bis 5G munter durcheinander. Auch wenn 3G in Deutschland zurückgebaut wird, ist der zur Verfügung stehende Platz für die Zukunft einfach zu gering. Zumal sich immer mehr Nutzer den vorhandenen Platz teilen müssen. Dadurch wird die tatsächlich mögliche Datenübertragung immer langsamer. Dies zeigt sich besonders in Bereichen wie Stadien oder Einkaufszentren, in denen auf begrenzten Raum sehr viele Nutzer mit ihren Smartphones anzutreffen sind. Sehr schnell sind dann die Leistungsgrenzen des Netzanbieters erreicht.
Deshalb waren die Mobilfunkanbieter in der Vergangenheit gezwungen, immer höhere Frequenzbereiche zu nutzen.
So nutzt z.B. LTE höhere Frequenzen als 3G. Und bei 5G wurden die nutzbaren Frequenzen ebenfalls weiter nach oben verschoben. Um die erforderlichen Bandbreiten für die immensen Datenmengen der Zukunft zu erreichen, liebäugeln Netzbetreiber wie die Deutsche Telekom mit den Millimeterwellen (mmWave). Also dem Frequenzbereich von 24 bis 100 GHz. Dadurch wären gigantische Datenraten von bis zu 20 Gbit/s oder mehr für Millionen Menschen und Endgeräte möglich.
Allerdings sprechen die physikalischen Eigenschaften dieser Wellen im ersten Moment eher gegen die praktische Nutzung. Denn je höher die Frequenz, desto geringer ist die Reichweitenleistung. Zudem ist in diesem Frequenzbereich die Durchdringung von Wänden oder Gebäuden nur sehr schlecht oder sogar unmöglich. Da die Wellen leicht abgeschattet werden, ist eine Verbindung quasi nur auf Sicht möglich.
Wenn jedoch statt mit einem großen Funkmast mit vielen kleinen intelligenten Funkzellen (Smart Cells) an unterschiedlichen Mobilfunk-Standorten gearbeitet wird, lassen sich die Probleme leicht lösen. Ähnlich wie WLAN-Router könnten die Geräte dann innerhalb von Gebäuderäumen oder außerhalb auf Laternen montiert werden.
Weitere innovative Konzepte wie Beamforming (Beeinflussung der Abstrahlcharakteristik) und MIMO-Techniken (Nutzung mehrerer Sende- und Empfangsantennen in einem Übertragungssystem) helfen ebenso, die mmWave-Nachteile zu reduzieren. Ein weiterer Vorteil: Da die Smart Cells immer in unmittelbarer Nähe zum Nutzer sind, reduziert sich die Sendeleistung des Telefons und somit der Stromverbrauch.
Planung für die Freigabe der Millimeterwellen
Im Moment ist die mmWave-Technologie für den Mobilfunk in Deutschland aber noch kein Thema. Denn eine Entscheidung für die Zuteilung der Frequenzen durch die Bundesnetzagentur steht noch aus. Zudem müssen die Funkzellen-Sender unbedingt per Glasfaserleitung angeschlossen werden, um eine schnelle Datenübertragung z.B. aus dem Internet zu ermöglichen. Es ist aber nur eine Frage der Zeit, bis auch bei uns die mmWave-Technologie eingeführt wird.
Wie bereits erwähnt, stehen für den 5G Mobilfunkstandard die unterschiedlichsten Frequenzbereiche zur Verfügung. Welche Frequenzen wo zum Einsatz kommen, hängt letztendlich von den Nutzererwartungen ab.
Dies sind nur einige wenige Beispiele aus den vielfältigen Anwendungsbereichen. Je nach Anforderungen können die verwendeten Frequenzbereiche variieren oder auch ergänzend kombiniert werden.
Auch wenn die rosaroten Zeiten, die uns die Werbung bereits jetzt schon versprechen, im Moment noch nicht ganz so rosarot sind, steckt doch im Mobilfunkstandard 5G eine Menge Potential. Deshalb arbeiten alle Mobilfunkanbieter mit Hochdruck daran, ihre Netze mit der neuen Technologie auszustatten. Besonders das verhältnismäßig einfache Umrüsten der 700 MHz LTE-Anlagen hat dabei geholfen, schnell eine großflächige Abdeckung und Grundversorgung mit 5G zu ermöglichen. Die momentane Entwicklung ist auf alle Fälle spannend und wird wegen der Einführung der Millimeterwellen-Technologie auch in Zukunft spannend bleiben.