Ratgeber
Wer mit professionellem Anspruch elektronische Komponenten sicher und komfortabel miteinander verbinden will, sollte es längst erkannt haben: Der klassische Lötkolben ist zumindest bei sehr häufigem Einsatz nicht gerade das optimale Werkzeug. Profis nutzen deshalb Lötstationen, die deutlich mehr bieten als ein einfacher Lötkolben. Lernen Sie hier die Vorteile moderner Lötstationen kennen, erfahren Sie Wissenswertes über deren Funktion und Aufbau. Wir geben Ihnen ausserdem wichtige Tipps für zur Beschaffung.
Löten ist nicht gleich löten. Während Klempner Kupferrohre meist mit Fittingslötpaste und einem Gasbrenner miteinander verbinden, müssen Elektroniker weitaus kleinteiliger arbeiten. Hier bestimmt aber nicht nur die Grösse der Komponenten das Werkzeug, sondern auch deren Wärmeempfindlichkeiten. Halbleiter wie Dioden oder Transistoren sind ebenso empfindlich gegenüber zu hohen Temperaturen wie Mikrochips. Eine zu heisse Lötspitze in Verbindung mit einem zu lang andauerndem Lötvorgang kann hier schnell das Bauteil zerstören. Abhilfe bringen zwar ein metallischer Clip oder eine Zange an der Bedrahtung, doch dieser Trick zur Wärmeableitung macht das Arbeiten kompliziert und mühsam.
Ein weiterer Aspekt: Während noch vor einigen Jahrzehnten „fliegende“ Aufbauten mit viel Raum um die Lötstellen elektronische Schaltungen beherrschten, sitzen die Bauteile heute auf immer kleiner werdenden Platinen. Selbst im Prototypenbau werden Schaltungen häufig auf Lochrasterplatinen realisiert, deren Lötpunkte gerade mal 2,54 Millimeter auseinander liegen. Noch enger geht’s auf vielen gedruckten Platinen zu. Die Bauteile liegen hier manchmal nur Bruchteile von Millimetern auseinander, was die manuelle Bestückung und den anschliessenden Lötvorgang zu einer Sisyphos-Arbeit machen kann.
Die vorgenannten Hintergründe machen deutlich, dass zum Löten elektronischer Bauteile neben Fingerspitzengefühl auch das richtige Equipment erforderlich ist. Und hier sind Profi-Lötstationen gegenüber herkömmlichen Lötkolben eindeutig im Vorteil.
Grundsätzlich unterschieden wird in analogen und digitalen Lötstationen sowie in Lötstationen mit Heisslufttechnik. Die beiden erstgenannten sind so genannte Kontakt-Lötstationen: Der an der Stromversorgungseinheit angeschlossene Lötkolben erwärmt das Lötmittel und die Lötstelle in direktem Kontakt. Bei Heissluftgeräten übernimmt von einem Generator erzeugte heisse Luft den Lötvorgang.
Wesentliches Merkmal aller Lötstationen ist die einstellbare Temperaturregelung. Schon bei diesem Feature unterscheiden sich Lötstationen generell von klassischen Lötkolben, deren Temperaturentwicklung sich lediglich durch die Auswahl der Nennleistung beeinflussen lässt.
So erreicht ein handelsüblicher Feinlötkolben mit 16 Watt Leistungsaufnahme zwar die häufig verwendete Löttemperatur von 350 Grad Celsius, diese Temperatur lässt sich aber weder steigern noch absenken. Bei typischen 30-Watt-Lötkolben liegt die Spitzentemperatur 380 Grad Celsius, bei 40-Watt-Modellen sogar bei 420 Grad Celsius.
Analoge und digitale Lötstationen ermöglichen dagegen eine abgestufte Temperaturregelung. Ein Nachteil analoger Lötstationen ist allerdings die nur grob schätzbare Temperatureinstellung für die Lötspitze anhand von Symbolen oder einigen Werten rund um den Drehregler. Digitale Lötstationen verfügen im Gegensatz dazu über ein Display mit Anzeige der Ist-Temperatur in Grad Celsius. Digitale Spitzengeräte bieten darüber hinaus noch Speichermöglichkeiten für individuelle Temperaturen per Knopfdruck oder eine automatische Standby-Funktion, die den Heizvorgang nach einigen Minuten der Nichtbenutzung automatisch unterbricht und beim Fortsetzen der Arbeit erneut einleitet.
Heissluft-Lötstationen sind ein Sonderfall im Bereich des digitalen Lötens. Denn hier wird nicht eine metallische Spitze im Lötkolben erhitzt, sondern heisse Luft erzeugt, die über eine Düse im Handstück auf die Lötstelle geblasen wird und so das Lot zum Schmelzen bringt. Sowohl die Lufttemperatur als auch die Luftmenge sind in der Regel einstellbar. Hauptsächlicher Einsatzbereich dieser Löttechnik ist das Entlöten von SMD-Bauteilen, also von elektronischen Komponenten, die direkt auf der Platinenoberfläche montiert sind. Da der Heissluftstrom – je nach Durchmesser der Düse – gleichzeitig mehrere Lötstellen erfassen kann, lassen sich weniger hitzeempflindliche Miniatur-Bauteile wie SMD-Widerstände in kurzer Zeit komplett von der Platine entfernen. Zum digitalen Löten allerdings ist diese Technik nur bedingt geeignet.
Da eine regelbare Lötstation zu den wichtigsten Werkzeugen im Elektroniklabor gehört, sollte die Beschaffung optimal auf die zu erledigenden Arbeiten ausgerichtet sein. Ob analoge oder digitale Lötstation ist letztlich Ansichtssache, wobei digitale Geräte mit präzise einstellbarer Temperatur, grossem Display und Abschaltautomatik sicherlich vorteilhafter sind.
In Frage kommt vielleicht auch die Beschaffung einer universell einsetzbaren Station mit Lötkolben und Heissluft-Handstück in einem einzigen System. Spitzengeräte dieser Kategorie verfügen zudem oft noch über eine Vakuum-Pumpe mit Entlötkolben zum schnellen und sicheren Entfernen von SMD-Bauteilen. Alternativ zum Entlötkolben sind aber auch Entlötpinzetten zu finden. Bauteile mit zwei Anschlüssen – üblicherweise Widerstände und Kondensatoren – lassen sich mit den beiden erhitzen Spitzen der Pinzette erfassen und mit einer einzigen Bewegung von der Platine lösen.
Weitere Kriterien:
Arbeitsplatzausstattung
Sicheres Löten setzt einerseits helles Arbeitsplatzlicht, andererseits gute Sichtbarkeit von Lötstelle und Lötspitze voraus. Beide Bedingungen erfüllen auf schwenkbaren Ständern angebrachte Arbeitslupen mit integrierter Beleuchtung. Hilfreich ist auch die so genannte Dritte Hand: Ein kleines Gerät mit feststellbaren Krokodilklemmen, beispielsweise für die sichere Befestigung von Platinen oder Bauelementen während des Lötvorgangs. Einige der angebotenen „Hände“ besitzen auch Lupen.
Da die meisten in der Praxis verwendeten Elektroniklote einen Kern aus Flussmittel wie Kolophonium enthalten, entweichen beim Lötvorgang zwangsläufig Dämpfe. Aus gesundheitlicher Sicht sind diese nicht unproblematisch. Hinzu kommt, das sich der Lötdampf auf Bauelemente und Platinen absetzen und zu Funktionsproblemen führen kann Zu empfehlen sind deshalb Absaugvorrichtungen mit Filtern direkt über dem Arbeitsplatz. Im gewerblichen Bereich sind diese Vorrichtungen laut VBG 15 ohnehin vorgeschrieben.
Leistung und Temperatur
Die Nennleistung einer Lötstation hat unmittelbaren Einfluss auf die maximal erreichbare Temperatur der Lötspitze. Während für kleine elektronische Arbeiten schon 10 bis 30 Watt zum Erreichen von etwa 350 Grad Celsius Spitzentemperatur genügen, sind für Lötarbeiten beispielsweise am Chassis höhere Nennleistungen erforderlich. So verfügt die Mehrheit der Stationen denn auch über ein Leistungsspektrum von 50 bis 80 Watt, um damit Löttemperaturen von 150 bis 450 Grad Celsius zu erreichen.
Womit lassen sich Lötspitzen am besten reinigen?
Die Reinigung kann sowohl chemisch als auch mechanisch erfolgen. Bei der chemischen Reinigung entfernt das Mittel Rückstände von Flussmittel und Lot. Gängige Praxis im mechanischen Bereich sind kleine, mit Wasser getränkte Schwämmchen zum Entfernen von Flussmittel- und Lotrückständen.
Ebenso häufig finden sich speziell in Lötstationen kleine Döschen oder Geräteöffnungen mit Messingwolle. Vor und nach jedem Lötvorgang sowie je nach Bedarf wird die Lötspitze mehrfach in die Wolle hineingedrückt und damit überschüssiges Lot von der Spitze entfernt.
Bleihaltiges Lot lässt sich erwiesenermassen leichter verarbeiten, soll aber seit Jahren verboten sein. Ist das richtig?
Laut RoHS-Richtline ist die Verwendung von bleihaltigem Lot seit 2006 tatsächlich verboten. Allerdings nur für „neu in Verkehr gebrachte Elektro- und Elektronikgeräte“. Das heisst: Wer für private Zwecke lötet oder ein Gerät aus dem Bestand der Firma repariert, darf weiterhin bleihaltiges Lot verwenden. Da Blei allerdings grundsätzlich als gesundheitsgefährdend eingestuft wird, sollte man doch besser zu bleifreiem Lot greifen. Dessen Flussmittel verdampft zwar bei der üblichen Löttemperatur von 350 Grad Celsius recht schnell, dem lässt sich aber mit einem Trick abhelfen: Einfach die Löttemperatur um ein paar Grad senken. Der Lötvorgang dauert dann zwar ein bisschen länger, doch dafür erhält man perfekte Lötstellen ohne potenzielle Gesundheitsgefährdung.