Automation und Robotics » Die ideale Basis für Industrie 4.0
Veröffentlicht: 25.05.2023 | Lesedauer: 5 Minuten
Hersteller haben unabhängig von der Art der produzierten Güter stets die gleichen Herausforderungen zu meistern: Die hergestellten Waren sollen optisch makellos aussehen und die produktspezifischen Leistungsmerkmale müssen jederzeit zuverlässig und fehlerfrei erfüllt werden.
Doch nicht nur das! Die Produktion muss bedarfsgerecht ausgelegt sein und bei hoher Nachfrage entsprechend große Stückzahlen ermöglichen. Zudem ist der Verkaufspreis des Produktes entscheidend. Denn oft ist der Spielraum, um im konkurrenzfähigen Rahmen zu bleiben, sehr begrenzt.
In Summe lassen sich diese teilweise gegensätzlichen Forderungen von Qualität, Leistung und Preis fast schon mit der Quadratur eines Kreises vergleichen.
Wie gut, dass es mit Automation und Robotics eine effektive Lösung gibt, die bei richtiger Anwendung eine echte Hilfe darstellt. Gerne erklären wir Ihnen, was sich dahinter verbirgt und welche Möglichkeiten und Chancen Ihr Unternehmen dadurch hat.
Automation ist die Anforderung, dass in einem Unternehmen bestimmte Prozessabläufe mit der Unterstützung von künstlichen Hilfsmitteln selbsttätig ablaufen. Alle erforderlichen Maßnahmen zur Steuerung, Regelung und Kontrolle des Arbeitsablaufes werden automatisiert bzw. selbsttätig durchgeführt.
Im Idealfall ist es dann nicht erforderlich, dass Personen in den laufenden Prozess eingreifen oder etwas bearbeiten müssen. Wobei die kontinuierliche Überwachung von automatisierten Prozessabläufen durchaus von Menschen durchgeführt werden sollte.
Die Möglichkeiten einer gut funktionierenden Automatisierung sind zwangsläufig von der aktuellen technischen Entwicklung abhängig, wie der nachfolgende Absatz anschaulich zeigt.
Der Wunsch nach Automatisierung ist nicht erst im Industriezeitalter entstanden. Bereits im antiken Griechenland gab es vor rund 2000 Jahren in der Stadt Alexandria Tempeltüren, die sich automatisch öffneten und ausgeklügelte Weihwasser-Automaten, die auf Geldeinwurf reagierten. Auch wenn die damalige Technologie noch sehr eingeschränkt war, haben es clevere Menschen trotzdem verstanden, die aktuellen Erkenntnisse von Mathematik und Physik für ihre Innovationen erfolgreich zu nutzen. Allerdings dienten die Ergebnisse dieser frühzeitlichen Automatisierungslösung hauptsächlich zur Bewunderung der technischen Möglichkeiten. Auf die Idee, das Know-how und die Erkenntnisse aus dem Automatenbau einzusetzen, um die schwere körperliche Arbeit der Menschen zu erleichtern, kam zur damaligen Zeit noch niemand. Das sollte sich erst viele Jahre später ändern.
Die ersten zögerlichen Anfänge der Automatisierung entstanden, als die Menschen begannen, komplexe Maschinen zu entwickeln und zu nutzen. Als klassisches Beispiel dafür kann eine Windmühle angesehen werden.
Um das große Windrad nicht ständig manuell nach der aktuell vorherrschenden Windrichtung einstellen zu müssen, erfand Edmund Lee bereits 1745 eine Vorrichtung, die mit Hilfe eines zusätzlichen kleinen Windrades (Windrose) ein automatisiertes Ausrichten bzw. Drehen der Windmühle ermöglichte.
Die nun stetig voranschreitende Automatisierung und ihre immer stärkere Einbindung in laufende Fertigungsprozesse waren eng mit der industriellen Entwicklung verbunden.
Erste industrielle Revolution
Ein wichtiger Meilenstein in der Entwicklung der mechanisierten Fertigung ist die Erfindung des ersten dampfbetriebenen Webstuhls. Das war zugleich auch der Start für die erste industrielle Revolution. Durch den umfassenden Einsatz von Produktionsmaschinen konnte der Warenausstoß enorm gesteigert werden ohne dabei Qualitätsverluste in Kauf nehmen zu müssen. Das war gleichzeitig die Geburtsstunde der Massenproduktion.
Zweite industrielle Revolution
Die Zerlegung des Fertigungsprozesses in viele kleine Arbeitsschritte und die Einführung des Fließbandes stellen die zweite industrielle Revolution dar. Eine einzelne Person fertigt nun nicht mehr ein komplettes Produkt, sondern lediglich einen kleinen Teil oder übernimmt begrenzte Montagearbeiten. Ohne diese Entwicklung wäre auch heute ein wirtschaftlich erfolgreicher Fahrzeugbau nicht denkbar.
Dritte industrielle Revolution
Speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS) haben die dritte industrielle Revolution eingeläutet. Denn nun bestand die Möglichkeit, auch komplexe Arbeitsabläufe maschinell und fehlerfrei erledigen zu lassen. Neben dem erforderlichen Programm zur gezielten Ansteuerung von Motoren oder Ventilen verfügen SPS-Steuerungen auch über umfangreiche Eingänge für den Anschluss von Sensoren zur Erfassung der Ist-Zustände.
Vierte industrielle Revolution
In der vierten industriellen Revolution oder auch Industrie 4.0 steht nun nicht mehr der einzelne Fertigungsautomat im Vordergrund. Vielmehr geht es um das große Ganze, wobei die Begriffe Vernetzung, Digitalisierung und künstliche Intelligenz (KI) im Fokus stehen. Denn wenn anstelle einer einzelnen Maschine eine komplette Anlage oder Fertigungsstraße gezielt gesteuert werden kann, ist eine individuelle Einzelfertigung von Produkten mit den Kostenvorteilen der Massenfertigung problemlos möglich.
Die Begriffe Automation und Robotic bzw. Robotik werden oftmals gleichbedeutend verwendet. Die Ursache dafür liegt in der Tatsache, dass mittlerweile sehr oft Roboter in der Automatisierungstechnik eingesetzt werden.
So werden bei Berichterstattungen zum Thema Automation meist komplexe Fertigungsroboter in der Automobilindustrie gezeigt. Diese setzen dann schwere und unhandliche Blechteile zu Fahrzeugkarosserien zusammen und verschweißen die Verbindungsflächen.
Genau genommen gibt es aber einen feinen Unterschied zwischen Automation und Robotik. Unter Automation verstehen Fachleute die maschinelle Durchführung von Aufgaben, für die zuvor ein Mensch erforderlich war. Wogegen Robotik im Wesentlichen den Entwicklungsprozess von Robotern beschreibt. Im Zuge der Digitalisierung muss ein Roboter aber nicht zwangsläufig physikalisch vorhanden sein. Er kann auch lediglich softwaremäßig existieren und computerbasierte Vorgänge abarbeiten.
Damit eine Person eine Aufgabe innerhalb eines Fertigungsprozesses durchführen kann, muss sie bestimmte Fähigkeiten aufweisen. Zunächst muss verstanden werden, was genau zu tun ist. Über die Sinnesorgane werden die aktuellen Ist-Zustände erfasst und mit Hilfe der Hände die erforderlichen Tätigkeiten durchgeführt.
Dabei findet ein ständig laufender Regelkreis statt, bei dem beispielsweise der Tastsinn Rückinfo gibt, wie stark die momentane Kraftentwicklung der Hand ist. Aufgrund dieser Information kann das Gehirn die Muskeln der Hand gezielt ansteuern, damit filigrane Gegenstände beim Bearbeiten nicht zerdrückt werden. Damit diese Tätigkeit automatisiert durchgeführt werden kann, muss nach dem gleichen Prinzip gearbeitet werden. Zunächst wird ein Steuerprogramm benötigt, in dem die erforderlichen Arbeitsabläufe hinterlegt sein müssen.
Um die Arbeiten mechanisch durchführen zu können, muss das Steuerprogramm mit Hilfe von Ausgangs-Schnittstellen diverse Motoren, Elektrozylinder, Ventile oder Relais ansteuern können. Diese antriebstechnischen Baueinheiten werden im Fachjargon auch als Aktoren bezeichnet.
An den Eingangs-Schnittstellen der Steuerung wird eine umfangreiche Sensorik angeschlossen. Dadurch erhält die Steuerung alle erforderlichen Rückinformationen, um die oben erwähnte Regelschleife aufzubauen.
In diesem Fall bieten sich sogenannte Speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS) an, die leicht programmiert werden können. Zudem besitzen die Steuerungen die erforderlichen Schnittstellen.
Auch wenn die Grundfunktion von automatisierten Prozessen immer gleich ist, können die verschiedenen Lösungen zur Automatisierung je nach Aufgabenstellung sehr unterschiedlich ausfallen.
Fertigungsroboter waren zu Beginn der Automatisierung noch sehr teuer. Deshalb wurden sie vorzugsweise in Bereichen eingesetzt, wo hohe Stückzahlen gefordert waren und schwere Komponenten bearbeitet werden mussten. Darum kamen sie vorzugsweise beim Fahrzeugbau und im Maschinenbau zum Einsatz. Aufgrund der begrenzten Sensorik an den Robots war der Bereich, in dem sich die Roboterarme bewegten, für Personen gesperrt und eine absolute Verbotszone. Mittlerweile hat sich das aber geändert. Eine immer bessere Technik bei den Sensoren ermöglicht es, dass Roboter und Personen quasi Hand in Hand im selben Raum bzw. Arbeitsbereich tätig sind.
So erkennen beispielsweise Näherungssensoren zuverlässig, ob sich ein Hindernis im Bewegungsbereich des Armes befindet. Um die drohende Kollision zu verhindern, wird der Bewegungsablauf des Roboters unverzüglich unterbrochen. Diese mit dem Menschen kollaborierenden Roboter werden auch Cobots (Kunstwort der englischen Bezeichnung Collaborative Robots) genannt.
Aber intelligente Cobots haben noch weitere Vorteile. Anstelle einer aufwändigen Programmierung der Bewegungsabläufe steht nun Hand-Guiding. Zum Erlernen der teilweise komplexen Bewegungsabläufe wird der Roboterarm einfach manuell in die erforderlichen Positionen geführt. Dadurch lassen sich die smarten Roboter schnell programmieren und an die unterschiedlichsten Aufgaben anpassen.
Teilweise gibt es bereits mobile Roboter bzw. Cobots, die sich dank eigener Navigation autonom in Werkshallen bewegen und dabei die unterschiedlichsten Transportaufgaben übernehmen. Diese enorme Flexibilität, die kompakten Abmessungen und das überschaubare Investment machen autonom agierende Cobots besonders für kleine und mittelständische Betriebe (KMU) interessant. Weitere Informationen zu diesem Thema haben wir in unserem Cobot-Ratgeber zusammengefasst.
Die wesentlichsten Vorteile, die für die Automation in Fertigungsprozessen sprechen, sind:
- Kosten senken
- Produktivität erhöhen
- Effizienz steigern
- Qualität sicherstellen
Weitere Vorteile sind die Optimierung der Fertigungszeiten und die damit verbundene flexible Produktion, die leicht an den aktuellen Bedarf angepasst werden kann. Automationslösungen können aber auch die Mitarbeiter entlasten, wenn beispielsweise schwere Werkstücke bei der Bearbeitung nicht mehr von Hand bewegt werden müssen.
Viele Mitarbeitende sind im Bezug auf Automation und Robotik eher konservativ bzw. negativ eingestellt. Dies ist nicht verwunderlich, denn sie befürchten den Verlust des Arbeitsplatzes durch die Roboter. Eine Befürchtung, die nicht ganz unbegründet ist.
Besonders bei Tätigkeiten und Berufsbildern, die keine hohe Qualifizierung oder Spezifikationen voraussetzen. Doch der Einsatz von Industrierobotern und Robotersystemen ist für alle Hersteller weltweit eine zwingende Notwendigkeit.
Allerdings liegen in der Automation und Robotik auch enorme Chancen für eine berufliche Weiterentwicklung. Denn moderne und innovative Technik kann eine über lange Jahre hinweg erworbene Berufserfahrung definitiv nicht ersetzen. Zudem generiert die intelligente Automation viele neue Berufsbilder und attraktive Tätigkeitsbereiche, wie beispielsweise in den Bereichen Solution und Support. Darum ist es für alle beteiligten Personen empfehlenswert, aktiv und flexibel am Strukturwandel teilzunehmen, um auf Dauer am Markt bestehen zu können.